Früher Englisch & Sport am Gymnasium - Jetzt nur noch Tango!

Grammatik bilingual

Vor kur­zem hat sich Prof. Wolf­gang Butz­kamm schon in der Dis­kus­si­on über den Fluch der Ein­spra­chig­keit (in den Kom­men­ta­ren) zu Wort gemel­det.  Hier nun ein wei­te­rer Bei­trag von ihm zum The­ma Gram­ma­tik­ein­füh­rung. Mit den Nach­tei­len der rein induk­ti­ven Metho­de habe ich mich schon mal in mei­nem Bei­trag „Hei­te­res Gram­ma­tik­ra­ten“ beschäf­tigt. 

*********************

Vor kur­zem erreich­te mich fol­gen­de Email aus einem Gymnasium:

„Neu­lich hat ein Refe­ren­dar wie­der ein­mal ver­sucht, Gram­ma­tik (das Gerun­di­um) mit der Metho­de nach Zie­ge­sar ein­zu­füh­ren, also erst vie­le Bei­spie­le und am Ende die Gram­ma­ti­k­er­läu­te­rung. Mei­ne Beob­ach­tung ist erneut gewe­sen, dass man, egal wie  gut vor­be­rei­tet die­ses „Sprach­bad“ auch sein mag, kein durch­drin­gen­des Ver­ständ­nis, also dein Dop­pel­ver­ste­hen, der Struk­tur bei den Schü­ler erzielt. Zumal, wenn es sich um eine Struk­tur han­delt, die im Deut­schen kein ech­tes Äqui­va­lent hat. Auch der Weg, die for­mal gram­ma­ti­ka­li­sche Erläu­te­rung ans Ende zu set­zen scheint mir nicht sinn­voll, da zum einen bei den Schü­lern ein Ver­ste­hens­de­fi­zit ent­steht – als rou­ti­nier­te Ler­ner wol­len sie wis­sen, wie die Struk­tur funk­tio­niert und nicht hin­ge­hal­ten wer­den (den Unmut haben die Schü­ler auch geäu­ßert) – und zum ande­ren die Ein­füh­rung neu­er sprach­li­cher Mit­te nicht mit theo­re­ti­scher Gram­ma­ti­k­er­läu­te­rung son­dern mit krea­ti­ver und spont­an­sprach­li­cher Anwen­dung abge­schlos­sen wer­den soll­te. Ich habe ja dei­ne halb-kom­mu­ni­ka­ti­ven Übun­gen um Ele­men­te der Arbeit mit Dia­lo­gen erwei­tert – mit gro­ßem Erfolg. (Klas­se 8, Klett Green Line 4, Unit 3, S. 48 Lan­guage 1 Tired of dri­ving).

1. Bei­spie­le: Struk­tur im Kontext
2. Struk­tur formal/inhaltlich verstehen/übersetzen
3. Drill
a) L macht mut­ter­sprach­li­che Vor­ga­ben, S „über­set­zen“
b) S machen mut­ter­sprach­li­che Vor­ga­ben, S „über­set­zen“
c) S sagen fremd­sprach­li­che Sätze
4. Sät­ze schreiben
5. Text schreiben
6. All­tags­si­tua­tio­nen-Dia­log mit Partner(n) vor­be­rei­ten (nicht fer­tig­schrei­ben, son­dern über Inhalt verständigen)
7. Dia­log spontan/ohne Text­stüt­ze vor der Klas­se durchführen
8. In ein Gespräch ver­wi­ckeln, falls mög­lich neue Struk­tur forcieren
9. Optio­na­le Haus­auf­ga­be: Audio- oder Video­blog mit neu­er Struktur

Am Ende der Dop­pel­stun­de kann (fast) jeder Schü­ler die neue Struk­tur in einem mehr oder min­der spon­ta­nen Kon­text anwen­den. Das Gute an die­ser Vor­ge­hens­wei­se ist zudem, dass man unzäh­li­ge Punk­te hat, an denen man sieht, ob oder inwie­weit die Schü­ler die Struk­tur beherr­schen und man kor­ri­gie­rend ein­grei­fen kann.

Kurz­um, wir brau­chen bei der Gram­ma­tik­ein­füh­rung die Struk­tur­übun­gen als Abkür­zung zum Erfolg. In leis­tungs­star­ken Klas­sen könn­te man direkt alle drei Gerun­di­ums­for­men her­aus­zie­hen und nach anfäng­lich sepa­ra­ten Satz­vor­ga­ben mehr und mehr mischen.

1) Doing stuff with you guys is so much fun.
2) You love tel­ling ever­yo­ne how cool dri­ving is.
3) But Dean, you’re so good at ski­ing. / I dream of being my own boss.

Auch hier wie­der eine gute Mög­lich­keit zur Dif­fe­ren­zie­rung: Wenn ich mer­ke, dass schon die ers­ten Form Schwie­rig­kei­ten berei­tet, kann ich (z.B. in leis­tungs­schwa­chen Grup­pen) spon­tan mehr Übungs­zeit durch mehr Satz­vor­ga­ben ein­räu­men, bevor ich zur nächs­ten Gerun­di­ums­form komme.“

Bilin­gua­le, halb­kom­mu­ni­ka­ti­ve Struk­tur­übun­gen wer­den im Detail vor­ge­stellt im Kapi­tel „Rich­tig üben: das gene­ra­ti­ve Prin­zip“ bei W. Butz­kamm, Lust zum Leh­ren, Lust zum Ler­nen  (Ama­zon). Den Buch­bei­trag „Grammar in action – the case for bilin­gu­al pat­tern drills“ (2002) kann man kos­ten­los hier lesen.

 

Zurück

HW Dream The American Dream

Nächster Beitrag

Glossary Quiz

  1. Susann

    Vie­len Dank für den „Struk­tur­tipp“.
    Ich kann Ihnen zur zustim­men, mei­ner Erfah­rung nach sind gera­de die schwä­che­ren Schü­ler (die ja durch die­ses „hei­te­re Gram­ma­tik­ra­ten“ – genia­ler Aus­druck ‑anschei­nend beson­ders moti­viert wer­den sol­len) durch die „Lei­te die Regel ab“-Methode ziem­lich über­for­dert und geben ent­mu­tigt auf.

  2. Ger­ne wür­de ich mal den kon­kre­ten Unter­richts­gang ent­lang der neun Punk­te sehen; was heißt bei­spiels­wei­se „Struk­tur formal/inhaltlich verstehen/übersetzen“?

    Ich kann mir gut vor­stel­len, war­um die „rou­ti­nier­ten Ler­ner“ ger­ne direkt die Regel hät­ten: es ist nicht so anstren­gend wie das induk­ti­ve Erschlie­ßen (bei mir meis­tens mit­tels kon­tex­tua­li­sier­ten Filtertext).

    • Jochen

      > es ist nicht so anstren­gend wie das induk­ti­ve Erschließen

      Rich­tig, was ist so wert­voll dar­an, das Ver­ste­hen von Gram­ma­tik „anstren­gend“ zu gestalten? 

      Schätzt DU es beim Ler­nen einer Fremd­spra­che auch, wenn du erst­mal rum­ra­ten sollst, wie irgend­was funk­tio­niert, oder hast du es auch lie­ber, wenn dir ein Leh­rer, ein Buch, Com­pu­ter­pro­gramm oder was auch immer kurz, ver­ständ­lich und effi­zi­ent erklärt, wie man z.B. Bedin­gungs­sät­ze im Spanischen/Italienischen/Russischen … bildet?

      • Ich glau­be, dass der Aha-Effekt beim induk­ti­ven Erschlie­ßen grö­ßer ist. Der Schü­ler erkennt dabei Regel­mä­ßig­kei­ten und even­tu­ell auch Brü­che in der gram­ma­ti­ka­li­schen Struk­tur. Das kann ja auch ger­ne zweisprachig/im Sprach­kon­trast erfol­gen, ich gehe da völ­lig kon­form mit Herrn Butz­kamm (tau­send Dank für die Erläu­te­run­gen, ich schaue bei Gele­gen­heit genau­er in die Beispiele 🙂
        Und ja, wenn ein Leh­rer den Fil­ter­text und die anschlie­ßen­de Struk­tu­rie­rung anstän­dig gestal­tet, wür­de auch ich als Ler­ner ger­ne induk­tiv arbei­ten. Aber wie vie­le Kol­le­gen machen das? Zumin­dest in Ita­lie­nisch gibt es qua­si null Mate­ri­al dazu, die Erstel­lung ist oft­mals sehr auf­wen­dig, dann greift man auf die deduk­ti­ve Vari­an­te zurück. In Eng­lisch ist das nicht anders, oder?
        Trotz­dem, im Leh­rer­vor­trag kni­cken doch vie­le Schü­ler nach weni­gen Minu­ten weg und bekom­men die dich­te Stoff­fül­le gar nicht in den Griff („Nor­ma­ler­wei­se ist das so…, das macht ihr so… aber dann gibt es die Aus­nah­men … *schnarch* …) ; der Aha-Effekt wird in die Übungs­pha­se ver­la­gert, wenn die Schü­ler typi­sche Feh­ler machen. Ich erklä­re auch nicht jede Gram­ma­tik auf induk­ti­ven Weg, Infi­ni­tiv­kon­struk­tio­nen mit/ohne Prä­po­si­tio­nen bie­ten sich bei­spiels­wei­se dafür nicht an, das ist null Span­nungs­ef­fekt dabei.
        Aber kann es even­tu­ell sein, dass ihr die Neu­gier der Schü­ler etwas unter­schätzt, also etwas selb­stän­dig zu knacken?

        • > Aber kann es even­tu­ell sein, dass ihr die Neu­gier der Schü­ler etwas unter­schätzt, also etwas selb­stän­dig zu knacken?

          Freu dich, wenn du Schü­ler hast, die „neu­gie­rig“ auf Gram­ma­tik sind. Mei­ne sind das zum über­wie­gen­den Teil nicht und ich habe auch gar kein Pro­blem damit, denn mich hat Gram­ma­tik in ihrem Alter auch nicht die Boh­ne inter­es­siert. Auch heu­te fin­de ich sie nicht son­der­lich span­nend und habe sel­ber auch nicht das Bedürf­nis irgend­was zu „kna­cken“.

        • Mei­ne Schü­ler rufen auch nicht „Bit­te mehr Gram­ma­tik, Herr Leh­rer“, aber was spricht dage­gen, ein gram­ma­ti­ka­li­sches Phä­no­men in Hin­blick auf Bil­dung und vor allem Funk­ti­on pro­blem­ori­en­tiert erar­bei­ten zu lassen?

  3. Die gan­ze Übungs­fol­ge kann ich hier nicht im Detail vor­stel­len. Aber dan­ke, Ste­fan, dass Sie mir die Gele­gen­heit geben, zu erläu­tern, was es heißt, eine Kon­struk­ti­on sowohl inhalt­lich wie for­mal zu ver­ste­hen. Ich nen­ne es Dop­pel­ver­ste­hen, und es ist für mich die Grund­be­din­gung jeden Sprach­er­werbs, sowohl not­wen­dig als auch hinreichend.
    Ein paar Beispiele:
    See you tomor­row. Schü­ler, die das nur hören, ver­ste­hen das inhal­tich ganz rich­tig: Bis mor­gen. Aber erst wenn sie das auch for­mal ver­ste­hen als „Seh euch mor­gen“ (= ver­ste­hen, wie die­se Bedeu­tung aus den ein­zel­nen Kom­po­nen­ten erzeugt wird), kön­nen sie nicht nur eige­ne Sät­ze bil­den wie see you next week, son­dern auch see you at the gym. 

    Tür­kisch kar­nim ac (sprich atsch) heißt „ich bin hung­rig“. „Bauch-mein hung­rig“ erklärt die Bau­form und macht es uns mög­lich, eige­ne Sät­ze ana­log zu bilden

    Fin­nisch: Onko Teil­lä ravin­to­la? heisst: Haben Sie einen Spei­se­wa­gen? oder Gibt’s hier einen Spei­se­wa­gen? Aber erst die mut­ter­sprach­li­che Spie­ge­lung klärt die for­ma­le Struk­tur: Ist ko (=Fra­ge­par­ti­kel) Ihnen Spei­se­wa­gen? und kann unse­ren Satz­ge­ne­ra­tor ankurbeln.

    Zurück zum Eng­li­schen: He wants us to copy this down. Die Schü­ler soll­ten bei­des im Kopf haben. 1. Wir sol­len das abschrei­ben. Also die Idee des Sol­lens mit dem typi­schen eng­li­schen Aus­druck dafür ver­bin­den: want s.o. to do. Oder auch: Er will, dass wir… 2. *Er will uns das abzu­schrei­ben. Man muss also auch erken­nen, wie der anglo­pho­ne Spre­cher es for­mu­liert, wel­che Form er die­ser Idee gibt.

    Ein letz­tes Bei­spiel. How do you say: What time is it? fragt man mich. „Wie spät ist es?“ sage ich ihm. Und er ist mit die­ser For­mel stets kom­mu­ni­ka­tiv erfolg­reich. Aber erst, wenn ihm die Bau­form bewusst ist: How late is it? That’s what the Ger­mans say, kann er auch fra­gen: wie alt…, wie groß…usw, also „von end­li­chen Mit­teln unend­li­chen Gebrauch machen“ (Hum­boldt). Das ist der sprin­gen­de Punkt beim Spracherwerb.
    Com­pre­hen­si­ble input, ver­stan­den als „under­stan­ding mes­sa­ges“ (Kra­shen), ist not­wen­di­ge Grund­be­din­gung des Sprach­er­werbs, aber nicht hinreichend!

  4. Ich habe glatt ver­ges­sen zu sagen, dass ich erst kürz­lich zwei Bei­spie­le für bilin­gua­le Struk­tur­übun­gen ins Netzt gesetzt habe, und zwar in
    Fremd­spra­chen­di­dak­tik & Sprach­er­werb => Eng­lish artic­les => A new way to teach grammar: the bilin­gu­al opti­on. Könn­te hilf­reich sein. Kom­men­ta­re erwünscht.

  5. Uwe

    Ich erpro­be seit Beginn die­ses Schul­jah­res den bilin­gua­len Ansatz sowohl im Eng­lisch­un­ter­richt einer 5. Klas­se als auch im Fran­zö­sisch­un­ter­richt einer 9. Klas­se (4. Lernjahr).
    Es ist ver­blüf­fend wie schnell die Schü­ler sich neue Kon­struk­tio­nen zu eigen machen, wenn man ihnen ein­mal Bedeu­tung und Auf­bau mut­ter­sprach­lich erklärt und dann sel­ber los­le­gen lässt.
    Dazu nut­ze ich im Anfangs­un­ter­richt gern die Sand­wich-Metho­de nach Butz­kamm und zum Fes­ti­gen die Aus­tau­schübun­gen. Hier ein Bei­spiel für münd­li­che Aus­tau­schübun­gen des Gerun­di­ums als Sub­jekt im Englischen:
    Leh­rer rückt Bei­spiel­satz in den Fokus: „Play­ing video games is fun!“ (Er lässt über­set­zen bzw. fragt nach gelun­ge­nen Ent­spre­chun­gen im Deut­schen; z.B. „Video­spie­le spie­len macht Spaß!“ / *Spie­len Video­spie­le ist Spaß.) Wenn man die Wort-für-Wort-Bedeu­tung so mut­ter­sprach­lich klar­macht und anschlie­ßend ein zwei­tes Bei­spiel nennt: „Rea­ding is fun!“, dann kom­men die Schü­ler gleich dahin­ter, wie es abläuft. „Aha, Tätig­keit mit die­ser ING-Endung dran.“ 

    Bit­test du dann die Schü­ler, fol­gen­de Sät­ze nach­ein­an­der münd­lich auf Eng­lisch zu for­mu­lie­ren, so klappt das garan­tiert. Leh­rer nennt deut­sche Ent­spre­chung, Schü­ler nen­nen schnel­le die Lösung auf Englisch:
    – *Bücher lesen ist Spaß.
    – *Fil­me sehen ist Spaß.
    – Den­ken ist anstrengend.
    – Den­ken ist wichtig.
    – Schla­fen ist einfach.
    – Kochen ist einfach.
    – Musik hören macht Spaß.
    – Dich zu sehen macht mich glücklich.
    – etc.
    Damit kei­ne Lan­ge­wei­le auf­kommt, soll­te man so umgangs­sprach­lich wie mög­lich die deut­schen Vor­ga­ben for­mu­lie­ren bzw. mit viel natür­li­cher Betonung.
    (Das gan­ze kann man auch von den Schü­lern als Part­ner­übung mit Tan­dem­bo­gen absolvieren.)

    Anschlie­ßend lässt man die Schü­ler sel­ber Sät­ze bil­den oder zu einem vor­ge­ge­be­nen The­ma klei­ne Tex­te anfer­ti­gen. So erkennt man schnell, wo es noch klemmt.

    Selbst im Fran­zö­si­schen schaf­fe ich es , dass Schü­ler, die sich als nicht sprach­be­gabt ein­schät­zen, sagen: „Das ist ja einfach.“ 

    Ich kann es jedem nur empfehlen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén