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Hyperaktiver Rotstift

Der Text von Dr. Rein­hold Wan­del über die Kor­rek­tur­wut deut­scher Stu­di­en­rä­te ist ein „Klas­si­ker“, den man ein­fach ken­nen sollte:

Bei einer Leh­rer­fort­bil­dung im baden-würt­tem­ber­gi­schen Donau­eschin­gen legt der mut­ter­sprach­li­che Dozent den ver­sam­mel­ten Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen eine Ober­stu­fen­klau­sur vor – mit der Bit­te um Kor­rek­tur der sprach­li­chen Rich­tig­keit. Die Rot­stif­te wer­den gezückt und schwir­ren über das Papier der Schü­ler­ar­beit. Bei der gemein­sa­men Aus­wer­tung pen­delt die ange­stri­che­ne Feh­ler­zahl zwi­schen 8 und 24. „No“, sagt der ’nati­ve spea­k­er‘, „no mista­ke at all; it’s per­fect Eng­lish.

Dies mag über­trie­ben wir­ken, ist es aber nicht. Die deut­sche Eng­lisch­leh­rer­schaft – zumin­dest ein Gut­teil davon – scheint von einem merk­wür­di­gen Virus befal­len zu sein: Feh­ler wer­den akri­bisch auf­ge­spürt, wo kei­ne sind. Kor­rek­tes und idio­ma­ti­sches Eng­lisch wird als Ver­stoß gegen sprach­li­che Rich­tig­keit mar­kiert und sank­tio­niert. Und auch Wen­dun­gen und Kon­struk­tio­nen, die viel­leicht nicht immer ele­gant sein mögen, inner­halb des mut­ter­sprach­li­chen Unter­richts in Groß­bri­tan­ni­en oder den USA jedoch höchs­tens als ’sti­lis­tisch unge­schickt‘ inter­pre­tiert wür­den, fin­den vor der nor­ma­ti­ven Hyper­kor­rekt­heit vie­ler neu­phi­lo­lo­gi­scher Stu­di­en­rä­te kei­ne Gnade. […]

Eine m.E. zutref­fen­de Ana­ly­se, die aber ande­rer­seits nicht dazu füh­ren soll­te, dass man in Zukunft gar nichts mehr anstreicht. Hier einen ver­nünf­ti­gen Mit­tel­weg zu fin­den, ist – gera­de für Berufs­an­fän­ger – nicht ganz leicht.

Zum Pro­blem des hyper­ak­ti­ven Rot­stifts […] Run­ter­scrol­len bis „Rein­hold Wandel …“

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  1. wie ist es eigent­lich mit Wen­dun­gen wie mit „There’s many things that appear…“, die für den nati­ve spea­k­er – obwohl er weiß, dass es falsch ist – eine ganz nor­ma­le Sache sind. Müs­sen bzw. dür­fen sol­che Sachen dann ange­stri­chen wer­den? Bin mit mei­ner Kurs­lei­te­rin des­we­gen schon öfter zusammengerückt

    • > eine ganz nor­ma­le Sache sind. 

      Woher weißt du das? Haben dir „nati­ve spea­k­er“ das bestä­tigt? Und falls ja, wel­che? Wir (Leh­rer) gehen ja immer von einem „EDUCATED spea­k­er“ aus (was immer das auch genau bedeu­ten soll). Bei der Goog­le-Buch­su­che bekommt man zwar immer­hin 333 Tref­fer für „there’s many things“ (http://tinyurl.com/2oujvz), aber der Groß­teil der Bei­spie­le ist ver­däch­tig alt. Ergo wür­de ich sagen, dass die­se Wen­dung in moder­nem Eng­lisch zumin­dest nicht gebräuch­lich ist. Jetzt kann man drü­ber strei­ten, ob man nur unter­rin­geln oder als Feh­ler zäh­len sollte.

  2. Björn

    „Right or Wrong? Spot­ting Mista­kes and Bor­der­line Cases“ von Ste­phen Speight (s. Buch­tipp am Ende des ver­link­ten Arti­kels) ist zwar kein umfas­sen­des Nach­schla­ge­werk, hält aber eini­ge augen­öff­nen­de Fäl­le bereit. Und in der Tat liest man häu­fig „The student’s ver­si­on is per­fect­ly acceptable.“ 

    Also: Ruhig, Roter! Brich nicht den Frie­den! (frei nach Richard Wagner)

  3. mir hat das kein nati­ve spea­k­er bestä­tigt, jedoch muss man sich nur mal ein paar inter­views von ame­ri­ka­nern oder eng­län­dern rein­zie­hen, dann hört man das bedeu­tend oft. ob man die­se leu­te nun als edu­ca­ted anse­hen kann ist wohl interpretationssache

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