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Great Teachers Think Alike

Ein Gast­bei­trag von Clau­dia Boer­ger.

Wirk­lich ger­ne bil­de ich mich beruf­lich wei­ter, indem ich z.B. in Samm­lun­gen von Unter­richts­me­tho­den blät­te­re oder mehr oder weni­ger wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Hand­lungs­re­zep­te zu Leh­rer­ver­hal­ten, Klas­sen­füh­rung, Beno­tung usw. konsultiere.

Wie gesagt, das mache ich ger­ne, aber sicher­lich nicht durch­weg begeis­tert. Fas­zi­niert bin ich hin­ge­gen von Berich­ten, wel­che von erfah­re­nen Leh­rern stam­men, die kei­nes­wegs dog­ma­tisch, aber den­noch kon­se­quent ihren päd­ago­gi­schen Weg gehen und dabei ihrem klu­gen Men­schen­ver­stand ver­trau­end bei – und vor allem mit – ihren Schü­lern Gutes schaffen.

All die­se Päd­ago­gen eint eine Men­schen­freund­lich­keit und Schü­ler­zu­ge­wandt­heit, die augen­schein­lich kei­ner didak­ti­schen Theo­rie mehr bedür­fen, son­dern aus sich her­aus erfolg­rei­ches Unter­rich­ten mög­lich machen. Zu die­sen für mich vor­bild­haf­ten Leh­rer­per­sön­lich­kei­ten gehö­ren Autoren wie Dani­el Pen­nac (Schul­kum­mer) oder Frank McCourt (Tea­cher Man).

Kürz­lich bin ich wie­der auf so einen aus Lebens­klug­heit agie­ren­den Päd­ago­gen-Autoren gesto­ßen: Todd Whita­ker ist sein Name, und er hat u.a. das klei­ne Büch­lein Was gute Leh­rer anders machen (Ama­zon) ver­öf­fent­licht. Whita­ker wird auf dem Umschlag als „einer von Ame­ri­kas füh­ren­den Exper­ten für Leh­rer­bil­dung, Unter­richts- und Schul­ent­wick­lung“ geprie­sen. Vie­len wird er daher sicher­lich längst bekannt sein; mir waren Name und Schaf­fen bis­her unbekannt.

Whita­ker bezieht die meis­ten sei­ner erzie­he­ri­schen Über­zeu­gun­gen aus sei­ner lang­jäh­ri­gen Schul­lei­ter­tä­tig­keit, wäh­rend derer er effek­tiv arbei­ten­de Kol­le­gen genau beob­ach­te­te und eine (klar: sei­ne) päd­ago­gi­sche Hand­lungs- und Ein­stel­lungs­quint­essenz ablei­te­te. Dabei sind sei­ne Berich­te unprä­ten­ti­ös, fast plau­der­haft im Ton, jedoch gleich­zei­tig von einer sym­pa­thisch anmu­ten­den Beseelt­heit geprägt. So etwas mag ich. So etwas inspi­riert mich.

Das Buch ist in 14 Kapi­tel unter­teilt (14 Din­ge, auf die es wirk­lich ankommt), die über­ti­telt sind z.B. mit Auf die Men­schen kommt es an, nicht auf Pro­gram­me oder Vor­beu­gung statt Rache und Die Fähig­keit zu igno­rie­ren.

Nun möch­te ich hier gar kei­ne Buch­re­zen­si­on ver­fas­sen, viel­mehr woll­te ich ein­fach bei dem einen oder ande­ren Lese­hun­ger anre­gen. Am bes­ten mag das viel­leicht gelin­gen, wenn ich eine inter­es­san­te Pas­sa­ge (aus dem Kapi­tel Ori­en­tie­ren Sie sich bei jeder Ent­schei­dung an den Bes­ten) qua­si als appe­ti­zer zitiere:

„Effek­ti­ve Leh­rer tref­fen ihre Ent­schei­dun­gen nach drei ein­fa­chen Grund­sät­zen (1) Was ist das Ziel? (2) Führt das wirk­lich zum Ziel? (3) Was wer­den die Bes­ten den­ken? […] Es ist ein grund­le­gen­der Feh­ler, sich auf die am wenigs­ten effek­ti­ven Leu­te zu kon­zen­trie­ren und wegen ein oder zwei Übel­tä­tern weit­rei­chen­de Richt­li­ni­en zu erlas­sen. Bes­ten­falls errei­chen wir, dass sich unse­re bes­ten Mit­ar­bei­ter schul­dig füh­len, schlimms­ten­falls füh­len sie sich belei­digt. Sie den­ken: „War­um sagen Sie mir das? War­um sagen Sie es nicht denen?“ Und sie haben recht. Wir Leh­rer begeg­nen im Klas­sen­zim­mer der glei­chen Aufgabe. […]

[…] Die Über­le­gung „Was wer­den die bes­ten Schü­ler davon hal­ten?“ kann dazu bei­tra­gen, dass Sie Ihre Klas­se wie ein gut geführ­tes Unter­neh­men mana­gen. Ein sehr ein­präg­sa­mer Grund­satz für Class­room-Manage­ment lau­tet, dass wir unse­re Schü­ler immer so behan­deln, als wären ihre Eltern im Klas­sen­raum zuge­gen. Ein wei­te­rer lau­tet, dass wir beim Umgang mit jedem Schü­ler immer die bes­ten Schü­ler im Sinn haben müs­sen: nicht unbe­dingt die mit den bes­ten Noten, son­dern die net­tes­ten und ein­fühl­sams­ten – die Per­sön­lich­kei­ten in unse­ren Klas­sen -, die Schü­ler, mit denen wir am bes­ten zusam­men­ar­bei­ten kön­nen. Unse­re bes­ten Schü­ler wol­len, dass Fehl­ver­hal­ten Kon­se­quen­zen hat, aber kei­ne demü­ti­gen­den. Sie wol­len, dass wir uns um Schü­ler küm­mern, die den Unter­richt stö­ren, aber sie wol­len, dass wir dies respekt­voll tun. […] För­dern Sie Ihre bes­ten Schü­ler und ver­su­chen Sie, die andern zu ent­wi­ckeln. Behal­ten Sie die bes­ten, viel­sei­tigs­ten Ihrer Schü­ler im Auge, wenn Sie Ent­schei­dun­gen treffen. […]

[…] Wenn wir für den Durch­schnitt unter­rich­ten, kom­men unse­re bes­ten Schü­ler zu kurz. Die Atmo­sphä­re in einem gut geführ­ten Unter­richt ist gela­den mit posi­ti­ver Ener­gie. Jeder Schü­ler ist enga­giert bei der Sache. Wenn unse­re bes­ten Schü­ler nicht voll in den Unter­richt ein­ge­bun­den sind, ver­liert die gan­ze Klas­se an Schwung. […]

Auch wenn Autoren wie Pen­nac, McCourt und Whita­ker unter­schied­li­che päd­ago­gi­sche Prio­ri­tä­ten set­zen, so ist ihnen – und all den Leh­rern, von denen sie begeis­tert berich­ten – doch gemein, dass sie ohne theo­re­tisch-wis­sen­schaft­li­che (Pseudo)Fundierung aus­kom­men und in ihrem erzie­he­ri­schen Tun ein­fach ihrem gesun­den Men­schen­ver­stand und gutem Herz fol­gen. Ohne gro­ßes Getö­se und Getue miss­ach­ten sie dabei jede unpassende/unsinnige schu­li­sche Regel und Kon­ven­ti­on, um sehr wei­se, im Sin­ne ihrer Schü­ler unge­wöhn­li­che Wege zu gehen. Das berührt und beein­druckt gleichermaßen.

… and fools sel­dom dif­fer. Anspie­lung im Titel nicht erkannt? Hier gibt es die sprich­wört­li­che Hil­fe zur Selbsthilfe.

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  1. Dan­ke für den Tipp – ist bestellt.

  2. marlow

    Sich an den Bes­ten ori­en­tie­ren heißt doch, sich an den Schü­le­rin­nen und Schü­lern zu ori­en­tie­ren, die man schätzt. Leh­ren und mit Takt beim Ler­nen unter­stüt­zen gelingt am bes­ten da, wo man sel­ber mit Hin­ga­be dabei st – Hin­ga­be zum Gegen­stand und durch­aus auch Hin­ga­be zu den Ler­nen­den. Ama­zon kün­digt in der Buch­wer­bung an: „Man muss die Schü­ler nicht mögen“ – das sehe ich anders und hal­te es mit der Ori­en­tie­rung an den Bes­ten für schwer­lich ver­ein­bar. Let’s go and read…

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