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As Far As Is Appropriate

In Ober­stu­fen-Schul­auf­ga­ben von Kol­le­gen sehe ich bei den Anwei­sun­gen zu den Ques­ti­ons on the Text immer wie­der „Do not copy from the text“ bzw. „Do not quo­te from the text“. Eine War­nung im Sin­ne von „Pass auf, dass du nicht zuviel zitierst“ wäre ja in Ord­nung, aber ein rigi­des Ver­bot im Sin­ne von „Jedes Zitat ist schlecht“ ist m.E. Unfug (aller­dings ist Zitie­ren in eini­gen Bun­des­län­dern grund­sätz­lich verboten). 

In den Arbeits­an­wei­sun­gen zum baye­ri­schen Abitur heißt es: „Ans­wer the fol­lo­wing ques­ti­ons using your own words as far as is appro­pria­te. Quo­te cor­rect­ly.“ Ent­schei­dend ist natür­lich appro­pria­te (ange­mes­sen), denn es heißt eben nicht „… as far as pos­si­ble“ und schon gar nicht steht da „Do not quo­te“. Die­ses appro­pria­te impli­ziert, dass es durch­aus Fäl­le gibt, in denen der Schü­ler zitie­ren soll­te bzw. sogar muss. Ein Zitat ist immer dann erfor­der­lich, wenn der Schü­ler kein Syn­onym kennt bzw. nicht para­phra­sie­ren kann bzw. wenn sei­ne Para­phra­se deut­lich län­ger und kom­pli­zier­ter wäre als das Zitat.

Dar­über­hin­aus gibt es Fäl­le, in denen spe­zi­fi­sche Begrif­fe zitiert wer­den müs­sen, weil man sie gar nicht adäquat para­phra­sie­ren kann. So muss z.B. „cult of eth­ni­ci­ty“ in Arthur Schlesinger’s „Child­ren of the Mel­ting Pot“ (in Images and Per­spec­ti­ves pp. 36–37) zitiert wer­den, weil es sich um einen spe­zi­fi­schen, vom Autor gepräg­ten Begriff han­delt. Eben­so muss im gk 2004/I Abitur (in dem es um die Bom­ben­an­schlä­ge auf Bali geht) bei der Fra­ge nach den Kon­se­quen­zen zitiert wer­den, dass Tou­ris­ten „soft tar­gets“ gewor­den sind.

Woher kommt die­ses „Do not quote/copy“? Eine mög­li­che Erklä­rung ist, dass der Leh­rer ein­fach kei­ne Ahnung vom Wort­laut der Abitur-Anwei­sun­gen hat. Ein zwei­ter Grund könn­te sein, dass er kei­ne Lust hat, sich auf das (zuge­ben dif­fi­zi­le) Pro­blem der „Ange­mes­sen­heit“ von Zita­ten ein­zu­las­sen und sich die Kor­rek­tur ver­ein­facht, indem er ein­fach für jedes Zitat (hal­be) Punk­te abzieht. Die ein­zi­ge didak­ti­sche Begrün­dung, die ich bis­lang gehört habe, lau­te­te unge­fähr so: „Erst ver­bie­te ich Zitie­ren völ­lig um mei­ne Schü­ler zum Para­phra­sie­ren zu zwin­gen. Wenn sie sich das ange­wöhnt haben, ler­nen sie dann spä­ter in einem zwei­ten Schritt, wann sie wie zitie­ren sol­len.“ Hat mich nicht überzeugt …

Alle Regeln für kor­rek­tes Zitie­ren befin­den sich auf mei­nem Hand­out Ques­ti­ons on the Text, für über­flüs­si­ge Zita­te ver­wen­de ich die Abkür­zung „own words“ („Das hät­test du mit eige­nen Wor­ten aus­drü­cken sol­len“ vgl. mein Hand­out Mar­king).

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  1. Inhalt­lich Neu­es kann (und will) ich hier gar nicht anfü­gen, son­dern nur sagen: Jochen, du hast Recht! Dei­ne Ansicht zu Aus­maß und Sinn von Zita­ten bei sol­chen „Ques­ti­ons on the text“ tei­le ich völlig.

  2. Michael

    Hal­lo Jochen,

    ich gebe dir inhalt­lich Recht, dass Zita­te manch­mal unum­gäng­lich bzw. in Ein­zel­fäl­len sogar not­wen­dig sind, wobei i.d.R. kei­ne gan­zen Sät­ze zitiert wer­den soll­ten! Genau so habe ich es mei­nen Schü­lern auch gesagt! Die oben genann­te Rege­lung vom „Do not copy from the text“ als Faul­heit der Leh­rer dar­zu­stel­len, hal­te ich hin­ge­gen für unan­ge­bracht und gegen­stands­los, da sie von den mir bekann­ten Leh­rern durch­aus Aus­nah­men ent­spre­chend dei­ner Erklä­rung zulässt! Ziel ist doch eine umfas­sen­de eigen­stän­di­ge Leis­tung, die bei einer nicht mehr ange­mes­se­nen Zitier­wei­se nicht gege­ben sein kann. Sicher­lich bleibt hin­sicht­lich dem Begriff „ange­mes­sen“ ein gewis­ser Spielraum.

  3. Thor

    Ich hal­te mei­ne Schü­le­rin­nen und Schü­ler an bei­des zu tun. Das sinn­vol­le Para­phra­sie­ren und gleich­zei­ti­ge Zitie­ren ist unab­ding­lich. Man will schließ­lich zei­gen, daß man sowohl den Text ver­stan­den und mit eige­nen Wor­ten wie­der­ge­ben kann als auch mit „evi­dence from the text“ nach­wei­sen kann, daß man rich­tig ver­stan­den und geschluss­fol­gert hat. „Tre­at ques­ti­ons on the text as a mini essay. Don’t assu­me the rea­der knows the ori­gi­nal text. Teach your rea­ders about the text. Con­vin­ce your rea­ders that you ans­we­red ques­ti­ons on the text as clo­se­ly as possible.”

    • > Tre­at ques­ti­ons on the text as a mini essay.

      Hmm, die­sen Tipp fin­de ich etwas pro­ble­ma­tisch. Da könn­te ein Schü­ler den­ken: „Bei einem Essay muss ich eine Ein­lei­tung schrei­ben.“ Also schreibt er: „In the fol­lo­wing I’m going to …“. Oder er denkt sich: „Einen Essay muss ich abrun­den“. Also kommt dann: „All in all the aut­hor wants to …“. Bei­des will ich NICHT. 

      > Teach your rea­ders about the text. 

      „teach“??? Da wüss­te ich als Schü­ler nicht was ich machen soll. Ich möch­te KEINE Zusam­men­fas­sung des Tex­tes haben (falls nicht expli­zit danach gefragt wird).

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