Vor kur­zem habe ich von einer Kol­le­gin fol­gen­de Mail bekommen:

Wie bringst du dei­nen SuSen bei, Abstand zu sich selbst und ihrer Leis­tung zu ent­wi­ckeln und eine (kri­ti­sche) Außen­schau aus­zu­hal­ten? Und Ansprü­che an sich zu stel­len, die auch im Grund­kurs das Attri­but „gym­na­si­al“ ver­die­nen? Bezie­hungs­wei­se: ein Gefühl dafür zu bekom­men, was „Niveau“ (= erwart­ba­rer Leis­tungs­stan­dard nach 7 Jah­ren Eng­lisch­un­ter­richt) sein könnte?

Ein Gut­teil mei­ner Ober­stu­fen­kli­en­tel scheint dar­an gewöhnt zu sein, dass regel­mä­ßi­ges, halb­wegs pünkt­li­ches Kom­men + das sicht­ba­re Bereit­hal­ten von Stift und Block + jede Stun­de 1x Auf­zei­gen (und bei Dran­kom­men 2–3 Sät­ze zu spre­chen – egal, wie falsch) auto­ma­tisch für 13 Punk­te qua­li­fi­ziert. Dass ich das anders sehe, hat sich zwar inzwi­schen her­um­ge­spro­chen, allein es fehlt der Glau­be … Ich habe letz­tes Jahr (im Fach Deutsch) Selbst­ein­schät­zun­gen schrei­ben las­sen, das ging gründ­lich dane­ben: Die guten SuS waren viel zu hart gegen sich und anschlie­ßend ver­un­si­chert, den schlech­ten fehl­te  o.g. Abstand und Anspruch.

Ich beschrän­ke mei­ne Ant­wort auf MÜNDLICHE Noten. In schrift­li­chen Arbei­ten kann man mit Hil­fe z.B. von Mus­ter­lö­sun­gen bzw. (sehr) guten Schü­ler­ar­bei­ten ja meis­tens rela­tiv ein­fach die eige­ne Note begrün­den. Bei münd­li­chen Noten ist das oft wesent­lich schwie­ri­ger, vor allem wenn die Schü­ler in den vor­her­ge­hen­den Jah­ren immer wie­der die Erfah­rung gemacht haben, dass sie mit Mini­ma­lis­mus bzw. Dampf­plau­de­rei ohne wei­te­res auf die Note 4 und bes­ser kommen.

Gleich in einer der ers­ten Stun­den bespre­che ich mit einer neu­en Klas­se bzw. einem neu­en Kurs mei­ne Cri­te­ria for Oral Gra­des (doc). Dazu pas­send gibt es auch ein Self-Eva­lua­ti­on Hand­out (doc) für Schü­ler. Damit die Schü­ler eine kon­kre­te Vor­stel­lung davon bekom­men, wel­che oral skills von ihnen erwar­tet wer­den, bekom­men bekom­men sie aus dem Com­mon Euro­pean Frame­work die Beschrei­bun­gen der oral skills für die Stu­fen B2 (11. Klas­se, gk) bzw. C1 (LK). Mög­lichst bald illus­trie­re ich anhand eines kon­kre­ten Unter­richts­bei­trags, was für die ein­zel­nen Noten­stu­fen ver­langt wird, alles Wei­te­re dazu in mei­nen Bei­trä­gen Unter­richts­bei­trä­ge und Unter­richts­bei­trags­no­ten.  Die­ses Durch­spie­len der ver­schie­de­nen Noten­stu­fen mache ich auch spä­ter immer mal wieder.

Wenn Schü­ler sehr schlech­te münd­li­che Leis­tun­gen brin­gen oder über­haupt nicht mit­ar­bei­ten, gehe ich von mir aus auf sie zu und bit­te sie z.B. nach der Stun­de noch kurz dazu­blei­ben bzw. wir tref­fen uns in der Pau­se. Oft fra­ge ich den Schü­ler zu Beginn, wel­che münd­li­che Noten bzw. Punk­te er glaubt in der letz­ten Zeit bekom­men zu haben, bevor ich ihm mei­ne Noten / Punk­te sage und ggf. begründe.

Auch bei münd­li­chem Aus­fra­gen muss mir der Schü­ler, bevor ich ihm mei­ne Note sagen, erst­mal sagen, wel­che Note er erwar­tet. Was das brin­gen soll, steht in mei­nem Bei­trag Rechen­schafts­ab­la­gen (run­ter­scrol­len bis „Self-Eva­lua­ti­on“).