Wenn ich z.B. Einsetzübungen in der Unter- oder Mittelstufe korrigiere, markiere ich grundsätzlich nur FALSCHES mit Rot, bei richtigen Lösungen mache ich überhaupt nichts. Ich habe noch nie verstanden, warum so viele Kollegen auch alles Richtige „abhakeln“.
Mein Verfahren hat drei Vorteile. Der erste ist, dass ich mir einfach Schreibarbeit spare, das mag bei der einzelnen Arbeit nicht sehr viel sein, aber multipliziert mit 32 zahlt es sich schon aus.
Zum Zweiten tue ich mich beim Ermitteln der erzielten Punktzahl deutlich leichter. Ich konzentriere mich ausschließend auf Rotes und „springe“ mit den Augen von einer roten Markierung / Unterstreichung zur nächsten. Wenn man bei einer 20 Punkte Aufgabe 17 rote Häkchen und drei Fehler hat, braucht es deutlich mehr Konzentration diese drei Fehler zu finden, als wenn außer diesen drei Fehler nichts anderes rot markiert ist. Ich zähle lediglich die Fehler und ziehe sie von der maximalen Punktzahl ab. Das geht schneller als die „richtigen“ Häkchen zu zählen.
Und last but not least verliert die Farbe Rot durch dieses ständige „Abhakeln“ ihre Signalwirkung. Die Idealisten unter uns hoffen ja immer, dass die Schüler aus ihren Fehlern lernen sollen / wollen. Egal, ob eine Arbeit jetzt sehr gut oder sehr schlecht ist, der erste Eindruck ist immer derselbe – ein rotes Meer und das ist nicht sehr motivierend. Entsprechend mühsamer ist es deshalb, in diesem roten Meer die eigenen Fehler zu finden. Wenn man nur die Fehler rot markiert, stechen sie viel stärker hervor. Richtiges mit Rot zu markieren ist farblogisch unsinnig, wenn schon müsste das eine andere Farbe (z.B. grün) sein; das wiederum ist aber völlig unpraktisch, weil man ständig den Stift wechseln müsste.
Noch ineffizienter wird es, wenn man die Häkchen-Manie mit Doppel-Moppeln kombiniert. Dann hat man noch mehr Schreibarbeit und erhöht auch noch gleichzeitig die Fehleranfälligkeit.
Statt Häkchen kann man natürlich auch noch Bruchzahlen hinschreiben und einen roten Kreis drumherum malen:
Hier noch ein schönes Beispiel:
Ich hätte genau EINE Korrektur gemacht, nämlich den halben Fehler bei g) markiert.
Philipp
Ich stimme dir hier im Prinzip völlig zu, man sollte die nicht unnötig abhaken (mach ich trotzdem manchmal, warum weiß ich auch nicht) oder vor allem doppelt moppeln, worauf du hier auch verweist. Ich finde im Prinzip auch, dass man an Hand der Unterstriche die Fehler deutlich ablesen können sollte.
Ich verstehe allerdings nicht, was Du hier genau mit der „Signalwirkung“ der Farbe rot meinst. Mein Seminarlehrer hat uns einmal gesagt: Tendenziell sollte die Arbeit „möglichst rot“ sein (natürlich nicht redundant), so dass der Schüler denkt: „Oh ist ziemlich rot! Dafür ist die Note aber eigentlich ok!“ Das ganze ist natürlich etwas überspitzt uasgrdrückt, aber ich finde das nach wie vor als Idee nicht so schlecht, obwohl ich selbst eher sparsam anstreiche. Oder ist es sowieso das, was Du mit Signalwirkung meinst?
Jochen
> Ich verstehe allerdings nicht, was Du hier genau mit der “Signalwirkung” der Farbe rot meinst.
Rot soll (wie im Straßenverkehr) sparsam eingesetzt werden, um auf Fehler hinzuweisen. Wenn die ganze Arbeit rot ist, geht diese Funktion verloren. Analog setzt man ja auch Fettdruck sparsam ein. Wenn der ganze Text fett formatiert ist, kannst du auf nichts mehr hinweisen.
> Mein Seminarlehrer hat uns einmal gesagt: […] Dafür ist die Note aber eigentlich ok!”
Sorry, aber das finde ich Quatsch. Die Bewertung soll TRANSPARENT sein, deshalb muss nicht alles rot sein.
Christian
„Ich zähle lediglich die Fehler und ziehe sie von der maximalen Punktzahl ab. Das geht schneller als die “richtigen” Häkchen zu zählen.“
Bei meinen SuS müsste ich wohl umgekehrt vorgehen um schneller zu sein: nur das Richtige rot markieren.
Simone
Kurz zum Seminarlehrer: Die Aussage „Es muss möglichst rot sein“ kenne ich auch von meinen Seminarlehrern.…scheint sehr verbreitet zu sein! Aber sobald man in „Freiheit“ ist, kann man ja selber entscheiden!
robin
Bei Grammatik- und Wortschatzaufgaben halte ich es auch für sinnvoll, nur Falsches zu makieren, schließlich weiß der Schüler doch selber, dass, wenn nichts angestrichen ist, alles seine Richtigkeit hat.
Etwas anders sehe ich die Sache bezüglich des „Roten Overkill“. Klar, eine sehr rote Klausur wirkt anfangs abschreckend, ist in der Nachbereitung dann aber doch sehr hilfreich. Die Nachbereitung (Klausur komplett am Computer abtippen, Fehler deutlich machen), die bei mir Pflichtprogramm ist, zwingt die Schüler förmlich, sich mit der Klausur erneut auseinander zu setzen. So müssen sie die ganze Klausur noch mal durchgehen und sehen, dass nicht alles Rote ein Hinweis auf einen Fehler oder etwas Falsches ist. Vielmehr versuche ich stets mit den Schülern in einem „Austausch“ zu stehen und schreibe an den Rand nicht nur R,Z,G,Sb,W,Sa,…, sondern gehe auch auf den Inhalt ein, schließlich korrigiere ich nicht nur die Sprache, sondern auch den Inhalt, auch wenn Englisch eine Sprache ist. In Erdkunde, meinem zweitem Fach, kommuniziere ich am Rand fast nur wegen des Inhalts. Dies geschieht durch Rückfragen, die offen bleiben, Fragen, weil ich etwas nicht verstanden habe bzw. einen Gedankengang nicht nachvollziehen kann (So versteht der Schüler auch mögliche Punktabzüge im Inhalt) oder lobe einfach nur, indem ich einen Aspekt, der mir besonders gefällt bzw sehr meinen Erwartungen entspricht, anstreiche und mit einem + oder „gut“ am Rand kommentiere. Dies darf natürlich nicht zu oft geschehen!
Sicher verstehe ich, dass Schüler, die ihre Arbeit nicht nochmal lesen, schockiert über den Rotanteil sind. Aber als Lehrer muss man davon ausgehen, dass der Schüler sich mit seiner Arbeit auseinander setzt, würden wir vom Gegenteiligem ausgehen, würde eine auf den Klausurbogen „geklatschte“ Note ja ausreichen. Und das wäre doch schade für die Schüler, die sich wirklich verbessern wollen und sich deshalb nochmal mit der Arbeit auseinander setzen.
Jochen
> Die Nachbereitung (Klausur komplett am Computer abtippen, Fehler deutlich machen), die bei mir Pflichtprogramm ist
Die GANZE Klausur noch mal abtippen? Puh, das ist aber heftig! Diese Nachbereitung musst du dir doch auch wieder anschauen, oder? Das ist mir ehrlich gesagt zuviel Arbeit, außerdem kann es ja dann wieder ewig dauern, bis ich die Klausur vollständig beim Fachbetreuer abgeben kann.
robin
Ja, sonst laufe ich die Gefahr, dass sich niemand mehr mit den Klausuren auseinandersetzt und sich somit gar keine Lernerfolge einstellen.
Die Sache mit der erneuten Korrektur mache ich mir einfacher: Die Schüler makieren ihre Verbesserungen (kursiv oder fett) und somit springe ich von Fehler zu Fehler und gucke nur, ob der Satz „geht“ oder nicht. Im Schnitt brauche ich keine 10 Minuten für eine Klausur. Um das ganze ökonomisch zu gestalten, drucken die Schüler die Klausur nicht aus, sondern schicken sie mir einfach per Mail.
Da ich in NRW unterrichte, muss ich die Klausuren nicht bei einem Fachbetreuer abgeben und habe somit beliebig viel Zeit dafür. Ich sehe nur zu, dass ich die kontrollierten Berichtigungen vor der nächsten Klausur wieder zurückschicke.
M.Schleifer
„muss ich die Klausuren nicht bei einem Fachbetreuer abgeben und habe somit beliebig viel Zeit dafür“
beliebig ist gut, wenn du erst 2 Jahre später entdeckst, dass Schüler XY immer nur irgendetwas fett gedruckt hat, wäre es wohl zu spät.
werden die Klausuren von vorneherein getippt? wohl kaum! Das heißt, ein guter Schüler, der kaum gravierende Fehler macht, muss eine Klausur eintippen, die vielleicht bei keiner Aufgabe die volle Punktzahl hat, aber nocheinmal als Mail irgendwan korrigiert werden will?
ein schlechter Schüler wird es wohl kaum schaffen seine das Verständnis erheblich beeinträchtigenden ‚phrasen‘ oder Strukturfehler im Alleingang mal eben durch richtige Strukturen zu ersetzen und dann fett / kursiv markiert zur Kontrolle an den Lehrer zu schicken.
Da entsteht doch automatisch eine langjährige E‑Mail Korrespondenz, bis der leztzte Schüler es geschafft hat.….
10 Minuten für eine Klausur? (also schauen ob jeder Schüler eine Mail mit Textanhang (Klausur, abgetippt, mit den graphisch hervorgehobenen verbesserten Stellen) geschickt hat?
und dann schnell sicherstellen, ob der Satz ‚geht‘?
Wenn das so funktioniert, gib bitte Fortbildungskurse!
Nicht böse gemeint, aber das klingt utopisch, wenn auch verlockend…