Früher Englisch & Sport am Gymnasium - Jetzt nur noch Tango!

Sport – Englisch = 3:0

Der gan­ze Irr­sinn der aktu­el­len baye­ri­schen „Bildungs“-Politik wird deut­lich, wenn man mal die Anfor­de­run­gen in Sport mit denen in Eng­lisch vergleicht. 

Sport steht beim Fächer-Ran­king ganz unten, denn im Gegen­satz zu (selbst ein­stün­di­gen) Neben­fä­chern kann man ja nicht durch­fal­len (Zeus­Sei­Dank ist Sport – zumin­dest für die meis­ten Jun­gen – eines der wich­tigs­ten, wenn nicht DAS wich­tigs­te Fach). Sport gilt seit jeher als Fach, in dem man nur wenig kön­nen und vor allem gar nichts ler­nen bzw. wis­sen muss. Eng­lisch hin­ge­gen gilt als „schwe­res“ HAUPT­fach, in dem man viel kön­nen und wis­sen bzw. ler­nen muss. Das stimmt aber schon seit län­ge­rem nicht mehr, in Wirk­lich­keit ist es genau andersherum.

Neh­men wir mal Maxl Mül­ler, den ich in der 11ten gleich­zei­tig in einem belie­bi­gen Sport­kurs und in Eng­lisch habe. Gegen Ende des Semes­ters schrei­ben wir in Sport einen klei­nen Theo­rie­test, in Eng­lisch eine Klau­sur. Stoff für den Theo­rie­test ist zum einen Regel­kun­de (1–2 DIN A4 Sei­ten), zum ande­ren, das, was wir im Unter­richt an Tech­nik (und ggf. Tak­tik) geübt und bespro­chen haben. Stoff für die Klau­sur ist theo­re­tisch das The­ma, das wir behan­delt haben, in Wirk­lich­keit gibt es aber kei­nen Stoff, den man irgend­wie ler­nen könn­te, denn in Klau­su­ren darf ja kein Wis­sen abge­prüft wer­den.

Das bedeu­tet, dass Maxl z.B. die Abseits-Regel ken­nen oder in Tisch­ten­nis den Vor­hand Kon­ter erläu­tern muss, in Eng­lisch aber z.B. NICHT wis­sen muss, was ein Impeach­ment ist und wie es funk­tio­niert oder was im Second Amend­ment steht und ob die NRA mit ihrer Inter­pre­ta­ti­on Recht hat. Er muss in Bas­ket­ball die Rück­spiel­re­gel und die ver­schie­de­nen Zeit­re­geln gelernt haben, aber er muss NICHT gelernt haben, was ein Sonett ist und wel­che Unter­schie­de es zwi­schen ita­lie­ni­schem und eng­li­schem Sonett gibt. 

Erschwe­rend kommt in Sport hin­zu, dass es nur für Regel­kun­de ein Hand­out gibt, für Tech­nik jedoch nicht. Dass bedeu­tet, dass Maxl ziem­lich regel­mä­ßig anwe­send sein und auf­pas­sen muss, damit er den Stoff mit­kriegt. In Eng­lisch kann er hin­ge­gen stän­dig feh­len, ohne dass das irgend­wel­che ernst­haf­ten Aus­wir­kun­gen auf sei­ne Leis­tun­gen in der Klau­sur hat. 

Aber es geht ja nicht nur um Wis­sen, son­dern auch um Kön­nen. In Fuß­ball üben wir z.B. die gan­ze Zeit immer wie­der die kor­rek­te Innen­seit­stoß-Tech­nik. Am Ende des Semes­ters gibt es dann eine Tech­nik-Note und für die Spielfähig­keit, par­don, ‑kom­pe­tenz eine Spiel­no­te. In Eng­lisch wie­der­ho­len / üben wir z.B. immer wie­der ele­men­ta­re Gram­ma­tik wie den Gebrauch der Zei­ten, Bedin­gungs­sät­ze, indi­rek­te Rede etc., aber all das darf ich in der Klau­sur NICHT abprü­fen. Ohne Korb­le­ger kann man nicht Bas­ket­ball spie­len, ohne Wort­schatz kann man sich in einer Fremd­spra­che nicht aus­drü­cken. Den Korb­le­ger darf ich abprü­fen und bewer­ten, Wort­schatz darf ich NICHT abprüfen. 

Und wie schaut’s mit der Bewer­tung von Klau­sur und Theo­rie­test aus? Für die Klau­sur gilt ver­pflich­tend ein Schwel­len­wert von 20% der Gesamt­punkt­zahl für die Note 5, im Theo­rie­test liegt er bei ca. 35%, also deut­lich höher. 

Fazit: In Eng­lisch kann bzw. muss er Schü­ler nichts ler­nen bzw. wis­sen (dass ein Auf­satz eine Ein­lei­tung, einen Haupt­teil und einen Schluss haben soll­te, zählt für mich in einer 11ten nicht mehr zu „Wis­sen“), in Sport sehr wohl. In Eng­lisch muss er kaum etwas gelernt haben und kön­nen (Hör­ver­ste­hen und Media­ti­on macht man schon ab der Unter­stu­fe, Text­pro­duk­ti­on und Fra­gen zum Text ab der Mit­tel­stu­fe), in Sport sehr wohl. 

Fra­ge: Was ist jetzt das Deppenfach?

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  1. Martin

    Hal­lo Jochen,

    das ist jetzt aber schon so stark pole­misch ver­ein­facht, dass es die Wahr­heit schlicht ver­fälscht. Ich sehe auch nicht alle Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jah­re posi­tiv, aber ganz so schwarz­ma­len muss man es in mei­nen Augen auch nicht.

    Wenn ein Schü­ler kei­ne Gram­ma­tik (Zei­ten usw.) kann, kann er auch kei­ne / kaum sprach­lich anspre­chen­den oder gar kor­rek­ten Sät­ze bil­den, was sich auf die Bewer­tung der sprach­li­chen Leis­tung auswirkt.

    Wenn jemand kei­nen aus­rei­chen­den Wort­schatz / kei­ne Fach­be­grif­fe zum The­ma der Klau­sur kennt, wird er sich auf 7.-Klass-Niveau aus­drü­cken und ver­mut­lich stark repe­ti­ti­ve Sät­ze bil­den, was eben­falls zur Abwer­tung führt. 

    Dass man all die­ses stets zu bewer­ten hat, ist doch den ein­schlä­gi­gen Hin­wei­sen vom ISB etc. zu entnehmen. 

    Immer­hin kann man diver­se Sachen ja in Form klei­ner Leis­tungs­nach­wei­se als Text o.ä. abprü­fen, wenn man das für so wich­tig erach­tet, und so viel­leicht die Moti­va­ti­on erhö­hen, sich mit Wort­schatz und Gram­ma­tik auseinanderzusetzen.

    Wer von den The­men, die im Unter­richt behan­delt wur­den – und ver­mut­lich auch in einer Klau­sur als Text oder Com­ment dran­kom­men – kei­nen blas­sen Dunst hat, wird wohl auch beim Text­ver­ständ­nis oder beim Ent­wi­ckeln einer begrün­de­ten eige­nen Mei­nung zu die­sen The­men an Gren­zen stoßen.

    Und statt Fak­ten­wis­sen ist halt dann eine schlüs­si­ge, logi­sche und begrün­de­te Argu­men­ta­ti­on gefragt. Ist nun auch nicht unbe­dingt leichter.

    Also: Klar, es ist schon scha­de, dass man kei­ne Voka­beln und Lücken­tex­te in Klau­su­ren mehr dran­brin­gen kann, weil’s halt so schön schnell zu kor­ri­gie­ren war. 

    Das heißt aber nicht, dass nun nie­mand mehr irgend­was in Eng­lisch kön­nen muss. 

    Vie­le Grüße
    Martin

    • > Wenn jemand kei­nen aus­rei­chen­den Wort­schatz / kei­ne Fach­be­grif­fe zum The­ma der Klau­sur kennt

      Ich fän­de es z.B. ange­mes­sen, dass ein ange­hen­der Abitu­ri­ent eine Idee „bright / bril­li­ant / inge­nious“ fin­det (und nicht nur „very good“) und dass Wer­bung „ubi­qui­tous“ ist (und nicht nur „it’s ever­y­whe­re“). Das kann ich zwar „unter­rich­ten“, aber ich kann es nicht mehr ein­for­dern. Des­halb ist es ja nicht gleich „7.-Klass-Niveau“, es ist ja auch nicht „falsch“. Der Schü­ler bekommt dann viel­leicht einen hal­ben bis einen gan­zen Punkt weni­ger in der sprach­li­chen Leis­tung, das juckt ihn doch über­haupt nicht. 

      > Wer von den The­men […] wird wohl auch beim Textverständnis 

      Nö, sehe ich anders. Das Abitur ist doch selbst das bes­te Bei­spiel. Obwohl er viel­leicht noch nie was von Detroit gehört hat, kann er doch pro­blem­los die Fra­gen zum Text (Abitur 2019/I) beantworten. 

      > Klar, es ist schon scha­de […] weil’s halt so schön schnell zu kor­ri­gie­ren war. 

      Dar­um geht’s doch nicht! Es geht doch dar­um, dass unse­re Schü­ler einen ange­mes­se­nen Ober­stu­fen-Wort­schatz erwer­ben und grund­le­gen­de Gram­ma­tik beherr­schen (immer mehr „Abitu­ri­en­ten“ beherr­schen ja schon das ‚third per­son sin­gu­lar ‑s‘ nicht mehr). 

      Und zum zwei­ten geht es dar­um, dass schlech­te­re Schü­ler (die z.B. mit Lite­ra­tur nichts anfan­gen kön­nen) ein­fach durch „Ler­nen“ etwas errei­chen kön­nen („4er-Brem­se“).

      Ich hal­te ja auch nichts von unse­rem lächer­lich kur­zen „com­po­si­ti­on“ (vgl. https://www.jochenlueders.de/?p=10876), denn ich hät­te auch ger­ne eine „schlüs­si­ge, logi­sche und begrün­de­te Argu­men­ta­ti­on“. Nur ist die in „about 200 to 250 words“ (bzw. in Zukunft „at least 250 words“) ein­fach nicht möglich.

      • Martin

        Hal­lo Jochen,

        mmh, das ist doch schon dif­fe­ren­zier­ter als dein ursprüng­li­cher Post (an dem ich ja vor allem die pole­mi­sche Zuspit­zung kri­ti­sie­ren wollte). 🙂

        Wie­viel Pro­zent einer Klau­sur haben bei dir denn frü­her der ver­wen­de­te Wort­schatz aus­ge­macht – bzw. wie hast du einen „Ober­stu­fen-adäqua­ten“ Wort­schatz frü­her ein­ge­for­dert? Soweit ich mich erin­nern kann, gab es sowas auch im alten G9 im LK Eng­lisch nicht.
        Und Voka­bel­tests als klei­ne Leis­tungs­nach­wei­se könn­test du doch auch heu­te noch schrei­ben, oder nicht? Glei­ches gilt für Grammatik.

        Dass jemand die Fra­gen zum Text ohne Vor­kennt­nis beant­wor­ten kann, liegt ja zum Teil in der Natur der Sache. Dass man kei­ne über den Text hin­aus­ge­hen­den Fra­gen stel­len kann, wel­che dann Hin­ter­grund­wis­sen ver­lan­gen, fin­de ich mit­un­ter auch scha­de – auch weil sich hier zei­gen wür­de, wer den Text tie­fer ver­stan­den hat und Bezie­hun­gen her­stel­len kann.

        Bei Comm­ents (z.B. zum The­ma Sci­ence and Tech­no­lo­gy, Immi­gra­ti­on o.ä.) wür­de ich schon eini­ge Inhal­te aus dem Unter­richt erwar­ten – aber natür­lich auch „unter­richts­frem­de“ Ideen gel­ten las­sen, sofern sie über­zeu­gend dar­ge­legt wer­den (inwie­fern das bei der gege­be­nen Wort­zahl mög­lich ist, sei dahin­ge­stellt, sie­he dein ande­rer Bei­trag). Ein Bestehen auf im Unter­richt behan­del­ten Din­gen wür­de hier ja aber auch irgend­wie der Auf­ga­be nicht gerecht werden.

        Dei­nen vor­letz­ten Punkt fin­de ich ein wenig amü­sant: Auf der einen Sei­te beklagst du, dass Eng­lisch in der Ober­stu­fe zu leicht wird, weil man nichts mehr dafür ler­nen muss und auf der ande­ren Sei­te kri­ti­sierst du, dass es aus dem­sel­ben Grund zu schwer ist (für die „weni­ger begab­ten“ Schüler). 

        Ich den­ke, wenn man die Tex­te pas­send aus­wählt und die Fra­gen nicht zu sehr nach „Sche­ma F“ gestal­tet, sodass sie etwas Nach­den­ken ver­lan­gen, kann man schon auch heut­zu­ta­ge anspruchs­vol­le und nicht „hin­ter­her­ge­wor­fe­ne“ Klau­su­ren erstel­len. Zumin­dest kann ich nicht von „zu guten“ Schnit­ten in mei­nen Klau­su­ren berichten.
        Und das Abitur ist eh eine Run­de Glücks­rad – und wenn’s da leich­ter wird: Sei es den Schü­lern gegönnt.

        Lie­be Grü­ße und gutes Aus­schla­fen morgen
        Martin

        • > Wie­viel Pro­zent einer Klau­sur haben bei dir denn frü­her der ver­wen­de­te Wort­schatz ausgemacht

          Es war immer eine Mischung aus Wort­schatz und Gram­ma­tik. Es gab meis­tens 20 BE von ins­ge­samt 100 (oder 120) BE, also rund 20%. 

          > bzw. wie hast du einen „Ober­stu­fen-adäqua­ten“ Wort­schatz frü­her eingefordert?

          So wie in mei­nen Steg­reif­auf­ga­ben: https://www.jochenlueders.de/?p=664

          > Soweit ich mich erin­nern kann, gab es sowas auch im alten G9 im LK Eng­lisch nicht.

          Bei mir schon. 😉

          > Und Voka­bel­tests als klei­ne Leis­tungs­nach­wei­se könn­test du doch auch heu­te noch schrei­ben, oder nicht? 

          Mache ich ja auch. Die Fra­ge ist, wie lan­ge das noch mög­lich ist. Herr Spän­le hat sich ja schon mal klar gegen die­se „über­fall­ar­ti­gen“ Prü­fun­gen aus­ge­spro­chen und woll­te sie abschaf­fen. Wahr­schein­li­cher ist, dass in Zukunft auch Exen respi­ziert wer­den und man nur noch die­se däm­li­chen „kon­tex­tua­li­sier­ten“ Auf­ga­ben stel­len darf. Damit hät­te man sie dann auch mehr oder weni­ger abge­schafft, denn die­sen Auf­wand wer­den sich die wenigs­ten Kol­le­gen­In­nen antun wollen. 

          > Ein Bestehen auf im Unter­richt behan­del­ten Din­gen wür­de hier ja aber auch irgend­wie der Auf­ga­be nicht gerecht werden.

          Bei einem Com­ment sehe ich das genau­so, aber in einer „Back­ground know­ledge“ Auf­ga­be (je nach Schwie­rig­keit 10 oder 20 BE) ist es sinnvoll. 

          > Dei­nen vor­letz­ten Punkt …

          Ich mache z.B. einer Unter­richts­ein­heit über Sonet­te. In der Klau­sur könn­te ich jetzt ein unbe­kann­tes (aber the­ma­tisch ähn­li­ches) Sonett ana­ly­sie­ren las­sen. Damit wären vie­le / die meis­ten Schü­ler kom­plett über­for­dert. Frü­her konn­ten sie wenigs­tens Wort­schatz ler­nen („Rea­ding Poet­ry“) und die Merk­ma­le von Sonet­ten und die Unter­schie­de zwi­schen ita­lie­ni­schem und eng­li­schen Sonett „stur“ aus­wen­dig ler­nen. Wenn sie das mach­ten, hat­ten sie zumin­dest schon mal eine 4. 

          > Und das Abitur ist eh eine Run­de Glücks­rad – und wenn’s da leich­ter wird: Sei es den Schü­lern gegönnt.

          Sehe ich genau­so. Ich habe gar nichts gegen unser „schü­ler­freund­li­ches“ Abitur, ich will KEINE (BaWü) „Sternchen“-Themen. Aber ich fin­de es ein­fach ver­rückt, dass man in Klau­su­ren kei­nen Wortschatz/Grammatik und vor allem kein Wis­sen mehr abprü­fen darf. Dadurch wird der Unter­richt m.E. zur Farce.

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