Derzeit gibt es wieder mal allerorten Forderungen nach einer (weiteren) Digitalisierung des Unterrichts. Was mir in diesem Zusammenhang immer völlig abgeht, ist eine ehrliche (!) Bestandsaufnahme der bisherigen Maßnahmen. Da könnte man zum Beispiel mal mit den ach so tollen Smartboards anfangen.
Gibt es neutrale, also nicht (von Telekom & Co.) interessengeleitete Studien zum Einsatz von Smartboards im Fremdsprachenunterricht? Ich kenne keine, wäre aber für entsprechende Hinweise dankbar.
Aus den Erfahrungen meiner eigenen Schule (die von zahlreichen Kollegen bestätigt werden) ergibt sich ein eher düsteres Bild:
- Smartboards sind für den rauen Schulalltag viel zu empfindlich bzw. fehleranfällig, ständig funktioniert irgendwas nicht. Entsprechend arbeitet nach einer kurzen Experimentierphase kaum jemand mit den Geräten.
- Die Anschaffungskosten sind sehr hoch, werden aber meistens von den Instandhaltungskosten (Updates, Kalibrierung, Zubehör etc.) noch übertroffen. Wenn es zum Beispiel für eine ganze Fachschaft nur einen dieser teuren Spezialstifte gibt, ist kein sinnvolles Arbeiten möglich.
- Der eh schon fragwürdige pädagogisch-didaktische Nutzen steht in keinem sinnvollen Verhältnis zu den Kosten.
- Der zeitliche Aufwand für die Einarbeitung in die Technik steht in keinem sinnvollen Verhältnis zum geringen Nutzen.
Im schlimmsten Fall wurde eine normale Tafel durch ein Smartboard ersetzt, so dass man nicht mal mehr ein „Whiteboard“ hat, auf dem man normal schreiben kann. Im günstigsten Fall steht das Smartboard irgendwo in einer Ecke rum bzw. wird unauffällig in einer Rumpelkammer entsorgt.
Alle oben genannten Punkte waren wohlgemerkt bekannt, als Smartboards vor ein paar Jahren auch an meiner Schule eingeführt wurden. Kritiker wurden jedoch konsequent ignoriert, die Digitalisierung des Unterrichts war/ist ja schließlich „alternativlos“. Zu intellektueller Redlichkeit würde m.E. gehören, dass „ganz oben“ mal zugegeben wird, dass man sich getäuscht hat, dass sich die großen Hoffnungen eben nicht erfüllt haben und dass man Zehntausende von Euros zum Fenster hinausgeworfen hat.
Und, wo wir gerade beim Thema sind: Wie schaut es eigentlich mit Tablet-Klassen aus? Da ist es seit ein paar Jahren auch verdächtig ruhig geworden …
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